Neurentereische Zysten sind angebore Fehlentwicklungen in der Embryonalphase und somit keine echten Neoplasmen. Es existieren viele verschiedene Synonyme (enterogene-, teratomatöse- archenterische Zyste, Intestinom…). Das Endothel der Zystenwand erinnert an jenes des GI- oder seltener des Respirationstraktes. Diese Pathologie findet man zumeist im Bereich der thorakalen Wirbelsäle, seltener intrakraniell. Die Zysten entstehen in der 3 Schwangerschaftswoche während der Embryogenese aufgrund eines lokalen Durchbruches am Boden des Notochordkanals.
Epidemiologie
Neurenterische Zysten sind äusserst selten und machen nur ca. 0.01% aller Hirn- und 0.3-1.3% aller spinalen Tumore aus. Häufigste Lokalisationen intrakraniell sind: Kleinhirnbrückenwinkel, anterior des Hirnstammes und Cisterna Magna. Am häufigsten werden Patienten im ersten Lebensjahrzehnt (Neugeborene, Kinder) klinisch symptomatisch. Jedoch können diese Zysten auch erst im jungen Erwachsenenalter sich klinisch manifestieren.
Klinik
Lokalisierte Schmerzen im Bereich der Wirbelsäle oder myelopathische Funktionsstörungen aufgrund einer Myelonkompression sind die häufigsten Symptome bei älteren Kindern und Erwachsenen. Neugeborene können bei vorhandenen Fisteln rezidivierende Meningitiden entwickeln.
Radiologische Befunde
In der MR Bildgebung zeigen neurenterischen Zysten kein KM-enhancement. Sie sind iso- hyperintens verglichen zum Liquor cerebrospinalis. Im Bereich der Wirbelsäule (zu 40% thorakale Lokalisation) liegen die Zysten meist intradural extramedullär (80-90%) und ventral des Myelons. Die Grösse der Zysten ist sehr variabel (<1cm bis mehere cm).
Differentialdiagnosen
Metastase zerebral oder spinal, (Epi) Dermoid, Rathke Zyste, Colloid Zyste, Kraniopharyngeom
Besonderes / zu beachten
Begleitanomalien
Bei Lokalisation im Bereich der Wirbelsäule, können zusätzlich assoziierte Entwicklungsanomalien vorliegen im Sinne von fistulösen oder bindegewebige Verbindungen zum GI-Trakt. Vertebrale Anomalien wie Klippel-Feil Syndrom, Hemivertebae oder Spina bifida wurden im Zusammenhang mit neurenterischen Zysten beschrieben.
Operationsindikation
Bei symptomatischen Patienten ist die Indikation einer „in toto“ Resektion gegeben. Die Zystenwand sollte mit entfernt weden, aufgrund der erhöhten Rezidivgefahr bei in situ belassenen Anteilen. Marsupialisationstechniken wurden bei anhaftenden Zystenwand Anteilen im Bereich des Hirnstammes beschrieben. Bei intrakraniell gelegenen neurenterischen Zysten und folglicher Resektion kann postoperativ eine VP-Shuntpflichtigkeit bestehen.
Outcome
Bei vollständiger Resektion der Zyste inklusive Zystenwand sind Rezidive selten. Höheres Rezidivrisiko besteht bei inkompletter Resektion, wobei hier die Datenlage aufgrund der Seltenheit der Pathologie sehr dünn ist. Verlaufskontrollen bei inkompletter Resektion sind empfohlen.
Autor(en) des Artikels
- Dr. med. D. Schöni, Facharzt für Neurochirurgie, executive MBA HSG
Referenzen
- Goel A. Comment on Lin J, et al.: Ventral brainstem enterogenous cyst: an unusual location. Acta Neurochir (Wien). 2004; 146